Interview mit Susy Heim
Kim: Susy, Du hast mir erzählt, dass auch das Wirken von Elisabeth Haich sehr prägend war für deinen heutigen Yoga Unterricht. Erzähle uns bitte von ihr.
Susy: Wir sprachen schon vorher über Elisabeth Haich. Das, was mich an ihr besonders beeindruckte und was mich nicht nur für meinen Yoga-Unterricht, sondern für mein ganzes Leben geprägt hat, war ihre ganz besondere Art und ihre vielfältigen Fähigkeiten. Sie besass eine bemerkenswerte Mischung aus hoher Spiritualität und absoluter Bodenständigkeit und Realität. Sie konnte höchste geistige Wahrheiten klar verständlich formulieren.
Elisabeth Haich lehrte uns, zu erkennen, wie wichtig Unterscheidungsvermögen ist. Das heisst, wir sollen
Immer "wach" sein
Alles mit gesunder Kritik und Menschenverstand
unterscheiden, prüfen, hinterfragen
Sie schulte uns auf vielfältigste Weise
Ich lernte von ihr alles über die Kraft und die Macht der Gedanken. Ich lernte, die "Bild-schaffende" Kraft kennen und bewusst wahrzunehmen – in meinem eigenen Leben, meinen Handlungen und im Leben anderer Menschen. Sie lehrte mich, zu beobachten, wie die verschiedenen Kräfte in der Schöpfung wirken. Ich lernte von ihr so vieles über Astrologie und die verschiedenen Menschentypen.
Sie erschloss mir das ganze interessante Gebiet der Symbolik – ich lernte, Symbole zu erkennen und zu verstehen, z.B. in Träumen, in der Bibel, in Bildern. Durch Elisabeth Haich lernte ich, "hinter die Symbole" zu blicken und, nicht zuletzt lernte ich – und lerne ich auch noch heute in meinem Leben immer mehr - "hinter die Form" zu blicken. Für alles, was ich auf diesem Gebiet weiss, hat sie den Grundstein gelegt.
Unsere Freundschaft basierte auf grosser Offenheit und Vertrauen. Was mich immer besonders berührte, was so wertvoll und schön war, war der Umstand, dass wir ihr im privaten Gespräch jede Frage stellen durften und sie uns all unsere Fragen in ausführlichen Abhandlungen, mit Beispielen und Erklärungen beantwortete. Was im Unterricht niemals möglich gewesen wäre – in diesen Gesprächen konnten wir alles ansprechen. Es war immer hochinteressant, sehr unterhaltsam und unglaublich lehrreich. Was sie mich lehrte, blieb in mir.
Sie war eine liebevolle und wunderbare Lehrerin und Freundin,
ohne uns jemals den Eindruck dieses Lehrer-Schüler-Verhältnisses zu vermitteln
Kim: Was bedeutet Yoga für Dich?
Susy: Ich denke, nach all dem, was ich über Selvarajan Yesudian und Elisabeth Haich erzählte, kannst Du Dir ungefähr denken, was Yoga für mich bedeutet. Gern gehe ich aber noch etwas tiefer darauf ein.
Was bedeutet Yoga für mich – was ist Yoga für mich? Wenn ich dieser Frage nachfühle, kann ich Dir sagen: Für mich ist alles Yoga.
Yoga, wie ich es kennen lernte und verstehe, lässt sich nicht auf Atmung und Körperübungen reduzieren. Yoga beinhaltet sowohl Bewegung wie auch Philosophie. Es ist eine innere Haltung und beschränkt sich nicht auf eine halbe Stunde täglich auf der Matte. Yoga will gelebt sein. Gerne wiederhole ich die Worte von Selvarajan Yesudian:
Unser tägliches Leben ist Yoga – jeder Moment des Tages soll Meditation sein
Wie komme ich selbst zu dieser Aussage? Wenn wir uns mit diesem jahrtausendealten System befassen, sehen wir, dass Yoga eine ganzheitliche Lehre ist, welche alle Bereiche des menschlichen Lebens umfasst. Yoga kann den Menschen in seiner körperlichen und geistigen Entwicklung fördern und ihm helfen, sein irdisches Leben besser zu meistern und sein Lebensziel zu erreichen.
Was dieses Lebensziel ist, darüber gibt die Yogaphilosophie Auskunft.
Mit Atembeherrschung und gezielt ausgewählten Übungen stärken wir unsere körperliche und psychische Gesundheit.
Durch Beschäftigung mit geistigen Themen – in Meditation und gelebter Ethik – entwickeln wir uns in menschlicher und spiritueller Hinsicht.
Yoga, gesamthaft betrachtet, ist nicht Gymnastik oder Sport, sondern eine Philosophie, welche auf höchsten spirituellen Themen beruht. Somit ist Yoga, wenn wir uns tiefer damit beschäftigen, zwar keine Religion aber eine persönliche – für jeden Menschen individuelle – Lebenshaltung.
Die jahrzehntelange, intensive Beschäftigung mit Yoga und dem Gedankengut der Yogaphilosophie hat vieles in mir verändert. Vor mehr als 45 Jahren besuchte ich die ersten Yogastunden bei Selvarajan Yesudian. Dabei begegnete ich einer völlig neuen Sichtweise, die für mich zwar ungewohnt, mir jedoch nicht wirklich fremd war. Ich fühlte mich sofort sehr wohl mit diesem Gedankengut.
Durch die Belehrungen von Selvarajan Yesudian und Elisabeth Haich lernte ich im Lauf der Jahre, das Leben, die Zusammenhänge und Hintergründe des Lebens und mein persönliches Da-Sein auf ganz andere Weise zu sehen.
Dabei halfen mir sowohl die Übungen wie auch die Beschäftigung mit der Yoga-Philosophie. Durch jahrelanges, regelmässiges Üben und Meditieren hat sich meine Körperwahrnehmung entwickelt und verfeinert. Im Lauf der Jahre kam ich mehr und mehr dazu, feine Energieströme in meinem Körper wahrzunehmen. Ich lernte, die Atmung und die einzelnen Bewegungen achtsam und bewusst zu erleben und wahrzunehmen. Was ich durch Yoga gelernt habe und wie sich meine innere Wahrnehmung verändert hat, ist das, was Yoga für mich bedeutet.
Die wohl wichtigste Wahrheit, der ich durch Yoga begegnet bin, ist die Erkenntnis, dass der Mensch ein geistiges Wesen ist - in und mit einem materiellen Körper. So sehe ich als zentralen Punkt auf dem Yoga-Weg, das Bestreben:
Bewusst werden
Sein wahres Wesen erkennen
Die Ursache hinter der Wirkung sehen
Auf diesem Weg kann uns Yoga – Tag für Tag, Schritt für Schritt – begleiten und uns helfen, uns selber besser zu verstehen, uns im Leben besser zurechtzufinden und unser Leben besser zu bewältigen.
Dies war es, was Selvarajan Yesudian und Elisabeth Haich den Menschen während ihrem lebenslangen Wirken vermittelten.
Lass mich noch einmal Yesudian mit seinen eigenen Worten zitieren:
Ich bin Geist – mein Körper ist Geist
Ich vergeistige meinen Körper, ich vergeistige mein Leben
Ich allein verursache mein eigenes Leben –
Ich verursache mein Glück – Ich verursache mein Unglück
Der Wagenlenker von Elisabeth Haich
Die Pferde sind meine Kräfte
Der Wagen ist mein Körper
Aber ICH BIN der Wagenlenker
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